Am 2. Oktober fuhren Felix, Julian, Leo, Manne, Matze, Pauli und Silia früh morgens mit dem BL-US-Mobil für ein langes Schulungs- und Forschungswochenende auf den Untersberg bei Salzburg. Georg Zagler vom Landesverein für Höhlenkunde Salzburg wollte uns im Vermessen und Planzeichnen von Höhlen unterrichten und stellte uns in Aussicht, dass wir auch ein neues Projekt vermessen und benennen könnten, denn auf dem Untersberg gibt es unzählige Spalten, die unerforscht sind.
Auf der Autobahn war glücklicherweise sehr wenig Verkehr, so dass wir bereits am frühen Nachmittag am Zeppezauer-Haus auf dem Untersberg, unserer Unterkunft für vier Tage, ankamen. Wir machten uns sofort auf, um den Eingang der Kolowrat-Höhle zu suchen und fanden auch gleich die Gamslöcher und das seit langem bekannte Hauptportal der Kolo. Die riesige Eingangshalle hat bei uns schwäbischen Minischlufschliefern sehr großen Eindruck hinterlassen. Sie ist 160 Meter lang und fast 40 Meter hoch!
Am nächsten Tag machten wir uns zusammen mit Georg und Martin, beide vom Landesverein für Höhlenkunde Salzburg, auf eine gemeinsame Tour in die Kolowrat-Höhle. Geplant war der Durchstieg vom Wintereinstieg zum Hauptportal der Höhle, mit einem Abstecher zu besonders schönen, weißen Tropfsteinen. Allerdings merkten wir schnell, dass die Seilpassagen in einer 9-Personen-Gruppe sehr zeitraubend sind und wir beschlossen, dass sich die Gruppe trennt. So waren nur fünf Teilnehmer bei den wunderschönen Stalagmiten, von denen es leider keine Fotos gibt, da unser Meisterfotograf Matze in der anderen Gruppe war. Interessant waren auch die von Georg als Horizontalpassagen beschriebene Teile. Für ihn sind offensichtlich alle Höhlenteile horizontal, in denen man nicht Abseilen muss. Allerdings ging es dort ständig hoch und runter und einmal musste man sogar einen kleinen Kamin erklettern: der erste Horizontal-Kamin den wir kennen. ;)
Am nächsten Morgen standen wir schon sehr früh auf, schließlich wollten wir mindestens zwei Höhlen vermessen: Den Hirschen-Eiskeller und eine weitere Schachthöhle, die wir uns aus Georgs Übersichtsplan aussuchen durften. Georg hatte bereits viel Vorarbeit geleistet und einige vielversprechende Objekte in eine Luftaufnahme vom Untersberg eingetragen. Vor allem der Bereich, der sich über dem Biwak 6 und dem aktuellen Forschungsende der Kolowrat-Höhle befindet, war für Georg interessant. Denn ein direkter Zugang zum Biwak 6 von oben könnte den Anmarsch zum Forschungsendpunkt um einen ganzen Tag verkürzen.
Wir entschieden uns für zwei Schächte, die Georg für besonders vielversprechend hielt. Den einen davon suchten wir bereits auf dem Weg zum Hirschen-Eiskeller kurz auf. Unser Forscherdrang nahm bereits da sehr große Ausmaße an, denn außer Manne war noch nie jemand von uns in einer unerforschten Höhle. Zuerst ging es aber zur Übung in den Hirschen-Eiskeller, wo wir zwei Vermessungsteams bildeten, die zusammen mit Georg insgesamt drei Pläne der Höhle erstellten. Unterdessen setzten Felix und Manne die Anker, die benötigt wurden, um sicher in die untere Etage der Eishöhle zu gelangen. Dort gab es dann auch eine sehr schöne Eisskulptur zu sehen. Die Vermessungen wurden mit Disto-Geräten der Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten durchgeführt.
Felix und Manne gingen schon bald voraus, um eines der beiden Forschungsobjekte mit Ankern und Seilen auszubauen. Julian und Pauli kamen später nach, um die Vermessung der Schachthöhle vorzunehmen. Die andere Gruppe begab sich später zu Objekt Nummer 2.
Schon im Laufe des Tages wurde diskutiert, wie wir unsere Höhle benennen könnten. Es war für alle klar, dass der Name irgendetwas mit Tübingen oder unserer Schule zu tun haben sollte. Bereits zu diesem Zeitpunkt fiel zum ersten Mal der Vorschlag, den Schacht nach Herrn Horrer, unserem Schulleiter, zu benennen. Alle weiteren Vorschläge wurden dann immer sofort verworfen und als wir abends in der Hütte Philipp, der zusammen mit Georg in der Kolo forscht, vom Horrer-Schacht berichteten und dieser gleich fragte: Wieso? Ist der so schlimm? war endgültig klar, dass die Höhle so heißen muss.
Der Horrer-Schacht ist alles andere als schlimm: Der Eingangsspalt führt fast senkrecht hinunter zum ersten Zwischenboden, so dass man auf einer Strecke von ca. 50 Höhenmetern mit zwei Umsteigestellen auskommt. Als wir am Boden ankamen, gab es zwei Möglichkeiten, weiter vorzustoßen. Wir entschieden uns für die Engstelle, hinter der man mit der Scurion große Tiefen ausleuchten konnte und in der ein deutlicher Luftzug zu spüren war. Leider ist der Einstieg in diesen zweiten Schacht etwas eng. Er erinnerte uns an den Abstieg in den Schacht der Gustav-Jakobs-Höhle und wir hofften sehr, dass der Aufstieg später nicht genauso schwierig sein würde, wie der in der Gustel. Manne übernahm von Felix die Bohrmaschine und nahm den Ausbau der unteren Regionen vor. Bereits nach wenigen Metern öffnete sich der Schacht und führte mit ähnlich großen Dimensionen wie im oberen Teil in die Tiefe. Am Boden setzte eine kurze Horizontalpassage (ca. 5 m) an und nach einem Knick setzte nach einer kurzen Rampe der nächste Schacht an. Bereits über dieser Rampe war das eingebaute 100-Meter-Seil zu Ende und es wurde das nächste Seil angebracht. Der nun folgende Schacht war nicht so tief und deshalb schnell eingerichtet. Felix und Manne trauten ihren Augen nicht: Am Grund gab es erneut eine Öffnung. Die Schächte waren nun kreisrund und die Schotterberge, die aus der Verwitterung der oberen Schachtzone stammten, wurden immer weniger. Sollte dieser Schacht tatsächlich in die ganz tiefen Zonen des Untersberges reichen? Noch befanden wir uns ca. 700 m über den tiefen Regionen um Biwak 6.
Der Stein, den wir in den nächsten Schacht warfen, polterte erst einmal, wobei er schätzungsweise 50 Meter tief fiel und immer wieder an der Wand aufschlug. Danach war es mehrere Sekunden still, bevor der Stein in sehr großer Tiefe aufschlug und dabei ein sehr dumpfes und hallendes PLONG erzeugte. Die Begeisterung war riesig und Felix und Manne kamen aus dem Staunen kaum heraus. Sie waren überzeugt davon, dass der Horrer-Schacht hinunter zum Biwak führt. Deshalb waren sie auch nochmals eine Minute lang muxmäuschen still, um zu hören, ob der Stein in 1000 m Tiefe noch ein klapperndes Geräusch erzeugte, indem er auf Georgs Kochgeschirr im Biwak aufschlug. Obwohl es zu diesem Geräusch nicht mehr kam, war für uns klar, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Horrer-Schacht ein Teil der zukünftigen Kolowrat-Riesending-Großhöhle ist. ;) :D
Der Rückweg durch die Engstelle war dann nicht so schlimm, wie befürchtet und dahinter war auch schon das Vermessungsteam angekommen. Pauli und Julian waren gut vorangekommen und beschlossen, da es schon ziemlich spät war, mit zur Hütte zurück zu gehen. Das war eine gute Entscheidung, denn der Rückweg, auf dem wir schon bald die andere Gruppe trafen, war in der Dunkelheit der Nacht beschwerlich und weit. Es waren noch einige Höhenmeter bis zum Zeppezauer Haus zurückzulegen, so dass wir um 22.30 Uhr zurück an der Hütte waren, in der die Küche inzwischen leider kalt war.
Am Tisch war die Euphorie greifbar und alle waren von den Erlebnissen des Tages tief beeindruckt, aber auch restlos geschafft. Schon bald stiegen alle ins Matratzenlager und schliefen ruckzuck ein.
Am Sonntag hieß es für uns Tübinger Abschied nehmen, da wir ja noch die lange Heimreise vor uns hatten. Georg und Martin machten nochmals eine Tour in das zweite Forschungsobjekt des Vortages, das noch keinen offiziellen Namen trägt. Die Heimfahrt wurde zur Tortur: Die A 8 war ein einziger Stau und die Reise dauerte neun Stunden. Trotz dieser Strapazen fassten wir schon bald den Entschluss, dass es noch im Oktober wieder in den Horrer-Schacht, der inzwischen die Kataster-Nummer 1339/366 trägt, gehen soll.
Herzlichen Dank an Georg Zagler, der diese Aktion möglich gemacht hat und uns den heißen Tipp für den Schacht geben hat. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei der Arge Grabenstetten, die die Höhlen AG seit vielen Jahren unterstützt und nun zwei teure Distos verliehen hat. Dankeschön an Thilo, Robert und alle Mitglieder der Arge. Der Landesverein für Höhlenkunde Salzburg hat uns Bohrmaschine, Seile und vieles mehr zur Verfügung gestellt. Es ist einfach toll, dass wir von allen Seiten unterstützt werden.
Natürlich wollen wir uns auch bei der Schulleitung der GS Tübingen bedanken, die die Höhlen AG unterstützt, wo sie nur kann.